Im Rahmen der diesjährigen Mitgliederversammlung des Heimatvereins Bersenbrück im Heimathaus „Feldmühle“ (wir berichteten) hielt Apotheker Hubert Siemer einen kurzweiligen Vortrag über die Bedeutung heimischer Heilpflanzen heute.
Um die Sinne der Zuhörer ein wenig anzuregen, ließ er verschiedene Öle herumgehen, der Geruch möge sie auf das Thema einstimmen. Diesem Zweck diente auch eine kurze Umfrage: Haben heute Heilpflanzen noch eine Bedeutung für unsere Gesundheit? Was ist Gesundheit, mehr als Abwesenheit von Krankheit, nämlich das geistige, körperliche, seelische und soziale Wohlbefinden aller Menschen (laut WHO)? Sind Pflanzeninhaltsstoffe überhaupt wirksam? Die meisten, so vermutete Siemer, würden das bejahen, einige wenige sie für weniger wirksam halten. Auch manche Mediziner seien sehr skeptisch gegenüber Phytopharmaka, so nenne man die Medikamente, die aus Pflanzeninhaltsstoffen bestehen.
Einsichtig, unbestritten und überzeugend sei die Wirkung von Pflanzen, wenn sie giftig sind. Eines der tödlichsten Gifte bilde die Ricinuspflanze, 0,25 Milligramm Ricin (etwa zwei Samen) reichen, um einen erwachsenen Menschen zu töten. Knollenblätterpilze seien ebenfalls sehr giftig, Vergiftungserscheinungen treten erst Stunden später auf, daher seien sie so tückisch. Damit sei man bereits bei den Heilpflanzen, Auszüge aus Mariendistelsamen sei praktisch das einzige Medikament, was zur Behandlung von Knollenblätterpilzen zur Verfügung stehe. Auch bei anderen Leberschäden, z. B. durch Alkohol, durch Medikamente oder Lebensmittel helfe eine Kur mit Mariendistelsamen zuverlässig.
Apotheker Siemer stellte dann die Frage: Was macht eine Pflanze zur Heilpflanze? Ein pflanzliches Produkt sei immer eine Mischung mehrerer Wirkstoffe mit Nebenwirkstoffen, mit Begleitstoffen und weiteren Stoffen z.B. Mineralstoffen. Für zugelassene Heilpflanzen gebe es Standards, die vom deutschen und europäischen Arzneibuch vorgegeben werden. Diese bezögen sich auf Reinheit, Wirkstoff-Gehalt und Verunreinigungen. Diese Arzneibuchqualität gewährleisteten die Apotheken. In anderen Einkaufsquellen seien diese Tees Genußtees mit nicht definiertem Wirkstoffgehalt.
Arzneitees sollte man kurweise trinken, nicht länger als 6 bis 8 Wochen, dann sollte möglichst eine Pause von 4 Wochen kommen oder der Arzneitee gewechselt werden. Denn es gebe fast immer mehrere Heilpflanzen für die jeweiligen Erkrankungen. Tees wirkten oft unterstützend bei anderen Arzneimitteln und sorgten zudem für die nötige Flüssigkeitszufuhr. Allgemein werde die Wirkung pflanzlicher Tees, aber auch pflanzlicher Präparate sehr unterschätzt. Der Arzt dürfe bei Erwachsenen z. B. keine Phytopharmaka zulasten der Versicherung verordnen, weil diese nicht verschreibungspflichtig seien. Verschreibungspflichtig seien Arzneimittel aber nur dann, wenn sie unter Aufsicht eines Arztes angewandt werden sollen, weil es auch zu Nebenwirkungen und Wechselwirkungen kommen könne. So werden etliche Medikamente, die recht erfolgreich sind, aufgrund ihrer pflanzlichen Zusammensetzung nicht erstattet. Dabei seien sie so gut verträglich z. B. bei Venenerkrankungen, Erkältungskrankheiten, Schnupfen, trockenes Auge und vieles mehr.
Zum Schluss seiner kurzweiligen Vorstellung der Heilpflanzenwelt sprach Apotheker Siemer noch an, dass die Inhaltsstoffe je nach Pflanzenart in den unterschiedlichsten Pflanzenteilen konzentriert sein können. Sehr wichtig seien der Zeitpunkt der Ernte, die Behandlung der Pflanzen, ihre Trocknung und Zubereitung – hier war der Apotheker so richtig in seinem Element.
Auf plattdeutsch stellte Siemer abschließend die Frage nach der lateinischen Sprache in der Apotheke. Es habe auch mit Plattdeutsch und der jeweiligen Muttersprache zu tun, So verstehe man unter Kuhblume oder Butterblume in Deutschland je nach Gegend 5 bis 6 verschiedene Pflanzen, darunter vom Löwenzahn bis Hahnenfuß. Zum Teil seien dies Heilpflanzen, zum Teil aber auch Giftpflanzen. So könne die lateinische Bezeichnung mit eindeutiger Pflanzenzuordnung Leben retten.
Der lang anhaltende Beifall, so Heimatvereins-Vorsitzender Franz Buitmann, beweise, dass Apotheker Siemer bei den Zuhörern große Zustimmung gefunden habe. Ein Präsent „mit Heilkräutern anderer Natur“ solle der Dank des Heimatvereins für den interessanten und vor allem lehrreichen Vortrag sein.