Wenn der Bauer pfeift, dann müssen die Heuerleute kommen“ ist der Titel eines Buches der Autoren Helmut Lensing und Bernd Robben, das inzwischen in dritter Auflage erschienen ist. Bernd Robben stellte das Buch im Heimathaus „Feldmühle“ des Heimatvereins vor.
Vorsitzender Franz Buitmann wies in seiner Begrüßung darauf hin, das Thema „Heuerlingswesen“ sei lange Zeit tabu gewesen, bis auf wenige Ausnahmen habe es darüber kaum Forschungen oder Literatur gegeben. Umso beeindruckender sei es, dass die beiden Autoren Robben und Lensing sich an diese Aufgabe machten. Dass das Buch inzwischen in dritter Auflage erschienen sei, beweise das große Interesse an diesem Thema. Gerade der Altkreis Bersenbrück sei eine Hochburg des Heuerlingswesens gewesen, daher habe es sich angeboten, dass der Kreisheimatbund Bersenbrück (KHBB) und der Heimatverein Bersenbrück dieses Thema aufgreifen.
Bernd Robben dankte zunächst für die Möglichkeit, in Bersenbrück zum Thema sprechen zu können. Gerade aus dem Altkreis Bersenbrück habe er wertvolle Unterstützung und viele Informationen für das Erstellen des Buches erhalten, so unter anderem besonders von dem inzwischen verstorbenen Lübbert zur Borg aus Menslage. Er stelle zwar die dritte Auflage des Buches vor, diese Auflage sei inzwischen aber auch schon fast vergriffen, so dass bereits eine vierte Auflage habe in Druck gegeben werden müssen.
Seit dem Erscheinen der ersten Auflage im November 2014 sorgt das Buch für Furore im ländlichen Nordwesten. Nachdem es in kurzer Zeit zweimal vergriffen war, wurde nun die dritte Auflage in erweiterter Form herausgebracht, in der speziell die Zeit nach 1918 detaillierter dargestellt wird. Auflagenstarke Hochglanzzeitschriften preisen gegenwärtig die Vorzüge des Lebens auf dem Land, das als Wohnen in großen heimeligen Räumen umgeben von blütenreichen Gärten geschildert wird. Der Alltag der übergroßen Masse der Landbewohner sah Jahrhunderte lang ganz anders aus, wie die Autoren aus der Grafschaft Bentheim bzw. aus dem Emsland in ihrem Buch in Erinnerung rufen. Fast 400 Jahre prägte nämlich das Heuerlingswesen die ländliche Gesellschaft im Raum zwischen der niederländischen Grenze im Westen und Ostwestfalen-Lippe und den niedersächsischen Kreisen Hoya und Nienburg im Osten.
Der Altkreis Bersenbrück, so die Autoren, war die Hochburg des Heuerlingswesens im gesamten Verbreitungsgebiet schlechthin. Selbst 1946 lebten hier noch 1830 Heuerlingsfamilien, im Kreis Vechta waren es 1171 und im Kreis Tecklenburg im Münsterland 1563, weshalb der Altkreis Bersenbrück im Buch stark vertreten ist und hier das Buch auch auf großes Interesse stieß. In der Weimarer Republik errangen die Heuerleute erstmals politische Bedeutung und machten durch einflussreiche Verbände auf ihre Belange aufmerksam. Der SPD-nahe „Nordwestdeutsche Heuerlingsverband“ entstand im Artland und dehnte sich von dort bis nach Ostwestfalen und in den Kreis Tecklenburg aus, sein Vorsitzender Wilhelm Helling gelangte sogar in den Reichstag. In den katholischen Gemeinden des Kreises dominierte hingegen der zentrumsnahe „Verband Christlicher Heuerleute“ aus dem Emsland.
Das Heuerlingswesen, so Robben, lasse auch noch Jahrzehnte nach seinem Ende starke Emotionen wach werden. Eine emsländische Studentin, die sich 1977 im Zuge einer Examensarbeit mit dem Heuerlingswesen beschäftigte, notierte dort ihre Erfahrungen mit dem Thema:“ Bei den Untersuchungen zu dieser Arbeit in Gesprächen mit den Nachfahren von Heuerleuten und Bauern und auch mit Leuten, die selber noch in einem Heuerlingsverhältnis gestanden haben, war immer wieder zu spüren, dass es noch große Empfindlichkeiten auf beiden Seiten gibt. Es erwies sich als schwierig, Aussagen über die menschliche Seite des Heuerlingswesens zu bekommen, die nicht von extrem subjektiven Empfindungen geprägt waren. In den meisten Fällen waren die angesprochenen Personen gar nicht bereit, Auskunft zu geben. Das Heuerlingswesen war von sozialen Ungleichheiten geprägt, die auch nach einigen Jahrzehnten noch nicht vergessen sind.“ Bis heute seien die Ansichten über das Heuerlingswesen kontrovers, vielfach sei das Thema ein Tabuthema auf dem Lande gewesen, das nur für Streit im Dorf zwischen Nachfahren von Heuerleuten und den Bauern sorgte.
Nach dem sehr anschaulichen und informativen Vortrag von Bernd Robben, untermalt mit Fotos und Textbeispielen, konnten noch einige Details im Gespräch vertieft werden. Die Buchhandlungen Bücherwelt und Robert Meyer waren vertreten, hier sind die Bücher weiterhin zu erwerben.